Fremdkörper- über Normenkonflikte und Rassismus in multikulturellen Gesellschaften

Der in München lebende brasilianische Choreograph Mario Lopes präsentiert mit PlattformPLUS eine Premiere und ein Gastspiel im Themenfeld von Fremdkörpern, Rassismus und Normenkonflikten.
„Album kodex_feedback“ (18./19.5.) und „Movimento I, parado é suspeito“ (20.5.) erforschen mit choreographischen Ausdrucksmitteln, wie Gesellschaften auf neue, fremde Körper reagieren. Beide Werke wurden im Rahmen einer internationalen Plattform für Aktion und Begegnung mit Künstler*innen aus Mexiko, Brasilien, Finnland und Deutschland entwickelt.

In “ALBUM kodex_feedback” loten Martín Lanz und Mario Lopes aus, wie kulturell fremde Kontexte auf den menschlichen Körper einwirken. Die Performance ist als Album mit zwei Seiten konzipiert: Seite A “kodex” fragt danach, wie Menschen in Gemeinschaften miteinander umgehen, wie ihre Körper sich gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen und was passiert, wenn Sprache, Hautfarbe oder Verhalten nicht in ein normativ vorgegebenes Setting passen. Auf Seite B feedback werden diese Körpererfahrungen technisch und klanglich reproduziert, so dass ein Dialog zwischen dem Echo von Seite A und den Körpern der Performer*innen entstehen kann.

Ausgangspunkt für die Recherche „Movimento I, parado é suspeito“ ist der in Brasilien viel gehörte Satz „Negro parado é suspeito, negro correndo é ladrão“ (dt. ‚ein Schwarzer, der steht, ist verdächtig; ein Schwarzer, der rennt, ist ein Dieb’). In der stigmatisierenden Redensart offenbaren sich die massiven rassistischen Vorurteile gegenüber der afrobrasilianischen Bevölkerung. Wie reagiert der Körper auf die andauernde Diskriminierung, Gewalt und auf institutionalisierten Rassismus? Mario Lopes Choreographie greift Elemente der afrikanischen Diaspora auf. Dazu gehören die Griots (Geschichtenerzähler), die in den Geschichtsbüchern verstummt sind, aber auch leidvolle Erfahrungen mit Polizeirazzien, bei denen nach der Hautfarbe darüber geurteilt wird, wer schuldig ist und wer nicht. Das Stück nutzt Perkussion als Körpererinnerung mittels derer die Tänzer*innen die Geschichte wieder und wieder erzählen können. So entsteht eine Performance, die dem Körper eine Stimme zu geben sucht und dem (Schlag-)Instrument einen Körper verleiht.

Nach allen drei Aufführungen finden moderierte Gespräche mit Expert*innen der Friedrich-Ebert Stiftung, den Künstler*innen und dem Publikum zu den angestoßenen Themen „Fremdkörper“ und „Rassismus“ statt.

PlattformPLUS ist eine Plattform für künstlerische Aktion und Begegnung, die zwischen São Paulo und München etabliert wurde, um Schnittstellen der Kulturen zu erleben und dabei über das Erwartbare hinaus die Kultur des Anderen zu erfahren. Inzwischen steht das PLUS im Namen für die Öffnung durch die Teilnahme von Künstlern und Partnern verschiedenster Nationalitäten.


Choreographie: Mario Lopes (München), Martin Lanz (Mexico City), Performer: Aida Arely (Mexico City), Guinho Nascimento (São Paulo), Rubens Oliveira (São Paulo), Musik: Denilson Olivera (São Paulo), Paulo Monarco (São Paulo), Dandara Modesto (Zürich), Audio/Video: Victor Pardinho (Helsinki), Sound: Florian Tuercke (Nürnberg), Produktion: Clara Holzheimer 

Premiere:
18. Mai, Tanztendenz (München)


Eine Produktion der PlattformPLUS, entstanden während eines Stipendienaufenthalts 2016 im internationalen Künstlerhaus Villa Waldberta der LH München. In Kooperation mit der Tanztendenz München e.V. Mit freundlicher Unterstützung des Goethe-Instituts, des Kulturreferats der Landeshauptstadt München, Lusofonia e.V. und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Der Tänzer Guinho Nascimento ist Artist-in-Residence im Ebenböckhaus der LH München.