Fast ein bisschen Frühling

Im Winter 1933 sind Waldemar Velte und Kurt Sandweg auf der Flucht vor Hoffnungslosigkeit und Gewalt unterwegs von Wuppertal nach Indien, um ihr Glück zu finden. Bereits in Stuttgart sind sie völlig mittellos und rauben eine Bank aus. Ihre Flucht endet in Basel. Dort verlieben sie sich in die Schallplattenverkäuferin Dorly Schupp und kaufen jeden Tag eine neue Tangoplatte. In eisigen Nächten spazieren die drei miteinander am Rhein entlang. Eine eigenwillige Nähe bei gleichzeitiger Fremdheit; Tangomusik und Schießereien – eine wahre Geschichte über unzertrennliche Freundschaft bis in den frühen Tod. Eine Suche nach Wahrheit im Leben und in der Liebe. Und eine Begegnung mit dem Glück. Alex Capus gehört zur Zeit zu den erfolgreichsten schweizerischen Schriftstellern. Mit großer sprachlicher Kraft hat er die fiktionale Erweiterung und Bearbeitung von Fakten zu seinem hauptsächlichen Erzählprinzip gemacht. Sein Roman „Fast ein bißchen Frühling“ aus dem Jahr 2002 ist eine fast schon klassische „Ménage à trois“. Tanya Häringer, Peter Lutz, Malte Kreutzfeldt, Dominik Obalski und Jörg Witte geht es jedoch nicht um eine Nacherzählung auf der Bühne, sie interessiert vielmehr die jeweils ganz eigene Perspektive des Puppenspiels, der Musik, des Films und des Schauspiels auf die Geschichte.

Doppelhamlet. Eine performative Installation

Papa ist tot. Onkel hat ihn umgebracht. Papa war König. Jetzt ist Onkel König. Und Mama schläft mit Onkel. Hamlet (Dänenprinz) hat ein Problem: Was tun? Es gibt zwei Hamlets. Der eine sagt: Die Wahrheit muss ans Licht! Mein privates Leid erzwingt den politischen Umsturz. Der andere sagt: Die Welt ist so kompliziert geworden. Ich nehme meine Pillen und genieße das Leben. Alles oder nichts!, sagt die verschmähte Ophelia und geht ins Wasser. Gertrud will lieber Königin bleiben: Die Macht ist besser als nichts. Kann man heute noch politisch denken? Kann man noch radikal sein? bösediva überträgt Motive aus Shakespeares „Hamlet“ in eine Ausstellung mit lebenden Kunstobjekten. Eine Einladung zur Hamletbegehung.

„Sie können sich frei im Raum bewegen. Sie sind völlig frei. Machen Sie sich ein Bild. Machen Sie sich ein anderes Bild“, so lautet eine Anweisung an das Publikum in der neuen Arbeit Doppelhamlet von bösediva. Und mit diesem ambivalenten Spiel von höflicher Einladung und unumgehbarer Aufforderung ist das Territorium markiert, in das die Zuschauer an diesem Abend gebeten sind, um ihre Erfahrungen mit Hamlet oder dem, was von Hamlet noch übrig ist, zu machen. Eindeutigkeit steht nicht zur Verfügung.

In der performativen Installation Doppelhamlet operieren bösediva leidenschaftlich, intrigant und radikal mit Widerständigkeiten. Inmitten der Videoprojektionen von Chris Kondek und den Soundcollagen von Jochen Arbeit errichten sie ein ästhetisches Regime präziser Unklarheit, einen eigenwilligen Nicht-Ort aus bestürzenden Bildern, Störgeräuschen und begehbaren Unbestimmtheitsräumen. Dort treffen sie auf die Performer Jochen Stechmann und John McKiernan, die sich im Wechsel von irritierender Verschlossenheit und körperlicher Verausgabung, in Zuständen von Aggression, Wahnsinn und hysterischer Nervosität der Begegnung mit den Zuschauern preisgeben. Für die Begegnung mit der Performerin Elisa Duca müssen die Besucher und Besucherinnen ein ganz besonderes Wagnis eingehen und ins Dunkle treten. So behauptet Doppelhamlet bewusst das Trennende, verweigert Zusammenhänge und erzeugt doch gerade in der gemeinsamen Erfahrung der Phantomschmerzen eines längst verlorenen Inhalts ein labiles Gleichgewicht, aus dem die Schönheit und Unerbittlichkeit des Abends entstehen. Sinn ist das, was übrig bleibt.

 

Ich sehe was, was du nicht siehst

Vier Fremde orientieren sich auf einem offenen Platz im Zentrum der Stadt. Es sind Zeitreisende aus einer fernen Zivilisation. Sie suchen nach den Ursprüngen einer Botschaft, die Mitte der 1970er Jahre auf eine goldenen Schallplatte gepresst und ins Weltall gesendet wurde. Sie enthält 115 Bilder, Grüße an die Finder in 56 Sprachen (inklusive der Sprache der Wale), eine zwölfminütige Geräuschcollage und 90 Minuten Musik.

ICH SEHE WAS, WAS DU NICHT SIEHST wirft einen fremden, unvoreingenommenen Blick auf unsere Welt. Der Platz, mit Passanten, Begegnungen und Bewegungen ist real. Die Zuschauer betrachten ihn gemeinsam mit den Schauspielern. Diese erzählen, kommentieren und dialogisieren, was sie sehen; über Mikroports sind sie mit den Zuschauern live verbunden. Auf das reale Bild legt sich über die Audiospur eine neue Wirklichkeit, wird das Vorhandene uminterpretiert und neu aufgeladen. So entstehen Imaginationsräume für Prognosen, Utopien und Paranoia. Was sehen wir? Eine Inflation? Den Weltuntergang? Unsterblichkeit? Auf jeden Fall ist keiner daran unbeteiligt.

Pathos Import>12

Sprechen wir über Leidenschaft: In der Reihe >IMPORT holt PATHOS München ab Dezember 2012 eine bemerkenswerte Auswahl wiederständiger Arbeiten aus der freien Theaterszene nach München. Gezeigt werden interdisziplinäre Formate und unkonventionelle Darstellungsformen, in denen sich das Unbegreifliche und Drängende neue performative Räume verschafft.

>IMPORT12 kommt aus Berlin: Zwei freie Produktionen, die im Jahr 2012 in den Sophiensaelen uraufgeführt wurden sind zu Gast im Schwere Reiter.

 

 

UNTN. Ein musikalisches Untergrundstück

UNTN ist das Fundament der Gesellschaft. Wer oben nicht mehr vorwärts kommt, bahnt sich unten seinen Weg. Unterirdische Hohlräume bieten Platz für die unterschiedlichsten Lebensformen und überraschende Erfolgsgeschichten. Caro macht als U-Bahnfahrerin den Job, den der Trambahn-Toni nicht hat kriegen können, weil er keine Frau ist. Ein Käfer hat sich auf der Suche nach seinem Namenspaten vom hintersten Winkel Sloweniens bis an den Münchner Königsplatz vorgegraben. Satan fällt trotz Ganzkörperbehaarung in der Masse der Reisenden kaum auf. Hat aber einen Plan. Und Johan P. fragt sich, was man braucht um im entscheidenden Moment erhört zu werden.